Die Spätmittelalterliche Turmburg von Altliebel
Diese Woche begeben wir uns in ein ganz neues Forschungsfeld und beschäftigen uns mit einem archäologischen Fundplatz, der zwischen dem Tagebau Reichwalde und der neuen Flussstrecke des Weißen Schöps entdeckt wurde.
Diese Woche begeben wir uns in ein ganz neues Forschungsfeld und beschäftigen uns mit einem archäologischen Fundplatz, der zwischen dem Tagebau Reichwalde und der neuen Flussstrecke des Weißen Schöps entdeckt wurde.
Der Tagebau Reichwalde und die
Umverlegung des Weißen Schöps bieten für die Archäologie ein einmaliges
Forschungsfenster und eröffnen interessante Einblicke in die Geschichte unserer
Region. Verschiedene Ausgrabungen in dem zukünftigen Abbaugebiet des Tagebaus
deuten auf Siedlungsstrukturen seit dem Spätneolithikum (ein von 2600–2100 v.
Chr. dauernder Abschnitt der Jungsteinzeit
Mitteleuropas) und die Nutzung natürlicher regionaler Ressourcen wie Holz und
Raseneisenstein hin.
Pfahlsetzungen, Foto S.
Balogh
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Einen ganz besonderen Fund
stellen dabei zufällig entdeckte Pfahlsetzungen bei Altliebel dar. Ein Blick in
die Forschungsgeschichte zeigt, dass bereits 1826/27 erste Ausgrabungen durch
den Besitzer des ehemaligen Gutshauses in Altliebel stattfanden. Auch ein
gewisser Lehrer Brühl aus Mocholz berichtete 1840 über die Grabungsergebnisse.
Die Entdeckungen wurden jedoch nicht weiter verfolgt, bis 2008 einige
Pfahlsetzungen bei Baggerarbeiten zufällig wiederentdeckt wurden. Im Auftrag
des Landesamtes für Archäologie in Dresden wurde von einem Team von
Mitarbeitern unter der Leitung des Grabungstechnikers Josephus Janssen die
flächige archäologische Untersuchung durchgeführt.
Standort der Turmburg
im Luftbild, Foto: M. Agthe 1990 (Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege
und Archäologisches Landesmuseum)
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Die Vermutungen der Archäologen
bestätigten sich relativ schnell und so konnten sie anhand der ausgegrabenen
Pfahlsetzungen, auf eine Turmburg schließen. Die sogenannten Turmhügelburgen
waren von Irland bis Polen weit verbreitet und wurden in der Zeit zwischen dem
10. und 15. Jahrhundert errichtet, wobei der
Schwerpunkt der Entstehung auf das 11. und 12. Jahrhundert datiert werden kann.
Bei Turmhügelburgen handelt es sich in der Regel um kleine Burgen des niederen
Adels, die ihren Ursprung in Frankreich haben und in der Forschung unter dem
Begriff „Motte“ bekannt sind. Typische Merkmale sind die Holzbauweise der Burg
auf einem künstlich angelegten Erdhügel, mit dem meist turmförmigen Gebäude auf
der Hügelspitze. Zur Absicherung der Turmburg waren diese zumeist von Wasser
oder Morast umgeben und nur über einen gut einzusehenden Weg erreichbar.
Vorstellungen einer
Turmburg nach A. Dürer 1497
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Die Archäologen entdeckten in
Altliebel die Reste eines quadratischen Turmes, der von einer Palisade
eingefasst war. Die Altliebeler Turmburg war vermutlich von einem moorigen
Gebiet umgeben, so dass der Zugang zur Burg, über eine Brücke bzw. über einen
Steg erfolgen musste. Von der Standhaftigkeit der Turmburg zeugen
Pfahlgründungen die über 4 Meter unter
der Geländeoberkante reichten. Nach Auswertung einer Dendroanalyse, einer
Datierungsmethode über das Baumalter des Holzes, kann die Entstehung der
Turmhügelburg gegenwärtig um das Jahr 1400 n. Chr. datiert werden.
In engem Zusammenhang mit der
Turmhügelburg vermuten die Archäologen auch die Herrschaftsgeschichte der
Familie Metzradt, eine Familie die im 13. Jahrhundert aus Holland nach Bautzen
eingewandert ist. Sie gehörten vermutlich dem Stand des Ministerialadels an.
Vom 13. bis in ins 14. Jahrhundert vermehrte die Familie Metzradt ihre
Ländereien um Besitzungen in Milkel, Klitten und Reichwalde, wobei sie im 14.
Jahrhundert den Höhepunkt ihrer Familiendynastie erreichte. Auch in Liebel
(Altliebel) sind Familienmitglieder der Metzradts von 1396 bis 1664 wohnhaft
dokumentiert. Die Vermutung legt nahe, dass Familienmitglieder der Metzradts
die Turmhügelburg errichtet sowie bewohnt haben. Im Jahr 1655 wurde der Ort
Liebel (Altliebel) jedoch an die Standesherrschaft Muskau verkauft, worauf auch
die Familienmitglieder der Metzradts den Ort vollständig verließen[1].
Dieses Beispiel zeigt, wie
wichtig die Arbeit der Archäologen für die Dokumentation und die Konservierung
der Geschichte unserer Region ist. Dank der Finanzierung durch Vattenfall, kann
das Landesamt für Archäologie in Dresden Wissenschaftler und Mitarbeiter beauftragen,
vor der großen Umgrabung noch ein paar kleine Ausgrabungen mit Blick in die
Geschichte vorzunehmen.
An dieser Stelle möchten wir uns
auch ganz herzlich bei den Archäologen Peter Schöneburg und Jos Janssen sowie
dem Landesamt für Archäologie für die Zusammenarbeit und die interessanten
Informationen bedanken.
In der nächsten Woche werfen wir
einen Blick auf den Anschluss des Weißen Schöps und beschäftigen uns etwas
ausführlicher mit der Ertüchtigung des Schwarzen Schöps. Bis dahin wünschen wir
Ihnen eine schöne Woche und bleiben Sie neugierig.
Steffi Tusche und Kathrin Kambor
von ihrem ArTour-Team in Rietschen
[1] Die historischen Fakten
wurden von M. Bauer zusammengetragen (M. Bauer: Wasser , Holz und Eisenstein.
Herrschaft, Gewerbe und Landwirtschaft im Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet.
Spitzkunnersdorf 2008.)
Sehr interessanter Blick in die Geschichte..
AntwortenLöschenDanke für die tollen Informationen auf dieser Seite.
Freundliche Grüße.